[00:22.15]Es stand in alten Zeiten ein Schloss so hoch und hehr [00:26.86]Weit glänzt es über die Lande bis an das blaue Meer [00:31.61]Und rings von duftgen Gärten ein blütenreicher Kranz [00:36.36]Drin sprangen frische Brunnen in Regenbogenglanz [00:41.49]Dort sassŸ ein stolzer König, an Land und Siegen reich [00:46.10]Er sassŸ auf seinem Throne so finster und so bleich [00:50.80]Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut [00:55.63]Und was er spricht, ist GeissŸel, und was er schreibt, ist Blut [01:00.48]Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar [01:05.14]Der ein in goldnen Locken, der andre grau von Haar [01:09.96]Der Alte mit der Harfe, der sassŸ auf schmucken Ross [01:14.64]Er schritt ihm frisch zur Seite, der blühende Genoss [01:21.07] [01:41.30]Der Alte sprach zum Jungen: "Nun sei bereit, mein Sohn [01:46.02]Denk unsrer tiefsten Lieder, stimm an den vollsten Ton [01:50.84]Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz [01:55.66]Es gilt uns heut zu rühren des Königs steinern Herz“ [02:00.59]Schon stehn die beiden Sänger im hohen Säulensaal [02:05.21]Und auf dem Throne sitzen der König und Gemahl [02:10.03]Der König furchtbar prächtig, wie blutger Nordlichtschein [02:14.94]Die Königin süssŸ und milde, als blickte Vollmond drein [02:19.82]Da schlug der Greis die Seiten, er schlug sie wundervoll [02:24.43]Dass reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll [02:29.23]Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor [02:34.00]Des Alten Sang dazwischen wie dumpfer Geisterchor [02:39.29] [03:00.45]Sie singen von Lenz und Liebe, von selger, goldner Zeit [03:23.22]Von Freiheit, Männerwürde, von Treu' und Heiligkeit [03:23.57]Sie singen von allem SüssŸen, was Menschenbrust durchbebt [03:23.98]Sie singen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt [03:31.92]Die Höflingsschar im Kreise verlernet jeden Spott [03:34.54]Des Königs trotzge Krieger, sie beugen sich vor Gott [03:35.15]Die Königin, zerflossen in Wehmut und in Lust [03:38.84]Sie wirft den Sängern nieder die Rose ihrer Brust [03:46.35]"Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib?“ [03:53.18]Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib [04:00.49]Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt [04:07.62]Draus, statt der goldnen Lieder, ein Blutstrahl hoch aufspringt [04:15.11]Und wie vom Sturm zerstoben ist all der Hörer Schwarm [04:22.04]Der Jüngling hat verröchelt in seines Meisters Arm [04:29.24]Der schlägt um ihn den Mantel und setzt ihn auf das Ross [04:36.48]Er bind‘t ihn aufrecht feste, verlässt mit ihm das Schloss [04:44.32] [04:58.35]Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis [05:18.70]Da fasst er seine Harfe, sie, aller Harfen Preis [05:22.92]An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt [05:23.19]Dann ruft er, dass es schaurig durch Schloss und Gärten gellt: [05:23.62]"Weh euch, ihr stolzen Hallen, nie töne süssŸer Klang [05:24.17]Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang [05:25.15]Nein, Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt [05:25.66]Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt [05:26.04]Weh' euch, ihr duftgen Gärten im holden Maienlicht [05:34.04]Euch zeig ich dieses Toten entstelltes Angesicht [05:41.24]Dass ihr darob verdorret, dass jeder Quell versiecht [05:48.51]Dass ihr in künftgen Tagen versteint, verödet liegt [05:55.88]Weh dir, verruchter Mörder, du Fluch des Sängertums [06:09.92]Umsonst sei all dein Ringen nach Kränzen blutgen Ruhms [06:11.36]Dein Name sei vergessen, in ewge Nacht getaucht [06:17.16]Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht" [06:24.63]Der Alte hat's gerufen, der Himmel hat's gehört [06:31.74]Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört [06:38.90]Noch eine hohe Säule zeugt von verschwundner Pracht [06:46.08]Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht [06:53.45]Und rings, statt duftger Gärten, ein ödes Heideland [07:00.49]Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand [07:08.45]Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch [07:14.63]Versunken und vergessen, das ist des Sängers Fluch [07:22.50]